HAUS WOLFSBRUNN

Haus Wolfsbrunn wurde in den Jahren 1906/07 an dem seit dem Mittelalter als größere Quelle bezeugten „Wolfsbrunn“ als Land- und Jagdsitz erbaut und nach der dort ebenfalls entspringenden Quelle benannt. Der Besitz liegt am unteren Ende der Wolfsschlucht (kartographisch noch „Wolfsklinge“ genannt), wo sie in den „alten Weg“ einmündet, der jahrhunderte alten Verkehrsverbindung von Kirchzell nach Watterbach.

Der Grund gehörte einstmals zum Herrschaftsbereich der „Wildenburg“, fiel dann unter die Hoheit der Benediktinerabtei Amorbach, kurz unter badische und Leiningensche Herrschaft und kam 1816 zum Königreich Bayern (Unterfranken). Bis vor einigen Jahren gehörte das Anwesen zur Gemeinde Watterbach (urkundlich erwähnt 1395, ca. 190 Einwohner), die seit 1975 in den Markt Kirchzell (urkundlich erwähnt 1271, ca. 2.600 Einwohner) eingemeindet ist.

Der Grund gehörte ehemals zum Besitz des bekannten „Watterbacher Hauses“, des ältesten erhaltenen Bauernhauses im hinteren Odenwald, welches inzwischen bei Preunschen zu einem kleinen Heimatmuseum umfunktioniert wurde. Auch der sagenumwobene „Wilde Jäger“ soll hier am Wolfsbrunn sein Unwesen getrieben haben, wie sich auch sonst allerlei Mythen in diesen abelegenen Odenwaldtälern in dem Dreiländereck zwischen Bayern, Baden Würtenberg und Hessen herausgebildet haben.

Bauherr war der Physiker Dr. Richard Küch (1860-1915), der das Haus vom Ertrag seiner Erfindungen als wissenschaftlicher Leiter der Firma W.C. Heraeus, Hanau, baute. Zu diesen zählten u.a. die zu jener Zeit bahnbrechenden Verfahrenstechniken zur Quarzschmelzung, die Quarzlampe sowie insbesondere die im allgemeinen Gebrauch bis heute bekannte „künstliche Höhensonne“. In Hanau sind eine Straße und das Informations- und Besucher-Forum der Heraeus-Holding nach ihm benannt.

Architekt des Hauses Wolfsbrunn war Ludwig Venator, ein Bekannter von Dr. Richard Küch aus Frankfurt am Main, der allerdings vor allem als Innenarchitekt über Erfahrungen verfügte. So weicht auch die endgültige Bauausführung in wesentlichen Teilen von den wenigen erhaltenen Urplänen ab. Es wurde also eine Bauweise gewählt, in dem architektonische Ideen zusammen mit lokalen Baumeistern in deren jeweiligem Gewerbe vor Ort erst geklärt und weitgehend umgesetzt wurden. Der Stil stellt eine gelungene und gut in die Landschaft eingepasste Architektur ganz traditioneller, fränkischer Barockbauweise, vermischt mit Jugendstilelementen, dar. Der Bau wurde aus an Ort und Stelle gebrochenem roten Sandstein erstellt. Alle Handwerker und Arbeiter stammten aus der engsten Umgebung, insbesondere aus Kirchzell. Sie stellten auch das erste Mobiliar her.

Der Besitz ging nach dem Tode der Witwe Ida Küch, geb. Ziesenis, 1928 an die Töchter Elisabeth Augstein (verh. mit Dr. med. Herbert Augstein) und Paula Lona Emge (verh. mit Prof. Dr. Dr. Carl August Emge) über. In der nun 3. Generation sind die Eigentümer Dr. Liselotte Augstein, Dr. Eva-Maria Augstein und Prof. Dr. Martinus Emge, von denen die ehemaligen Mitbesitzer, die Schwestern Drs. Augstein Ende des letzten Jahrhunderts ohne Nachkommen verstorben sind.

Das Ende des Zeitalters der Petroleumlampen durch elektrischen Strom wurde auf dem Wolfsbrunn erst am Ende des Zweiten Weltkriegs (1944) eingeläutet. Hiermit kam auch der klassische Handpumpenbetrieb aus der alten Quelle, der ehemals ein eigenes hoch hinter dem Haus liegendes Wasserreservoir mit Wasser versorgte, zum Erliegen. Das System wurde daraufhin durch eine moderne elektrische druckgeregelte Pumpe ersetzt, die allerdings jedes mal vor den frostigen Wintern abmontiert und das Rohrsystem entlüftet werden musste.

Zum Anwesen gehören eine Holzhalle sowie ein Quellhaus (Brunnenstube) in der Wolfsklinge. Auch zählt ein kleines, kaum einen dreiviertel Hektar messendes Stück Mischwald dazu, in dem u.a. Buchen, Eichen, Fichten, Kiefern und Birken neben Hasel und Eschen vorkommen. Die Wiesen um die Garage unterhalb der in den Jahren nach Fertigstellung des Hauses erbauten öffentlichen Landstraße von Kirchzell nach Watterbach heißen „Schwanenwiesen“. Wohlmöglich ließen sich im versumpften Tal des Waldbachs, in dem im übrigen auch Flößerei nachgewiesen ist, früher wilde Schwäne nieder. Auf Reiher und Wildenten trifft man heute noch, wie auch sonst die Ornis von allerlei Wald- und Singvögel geprägt ist, in dem u.a. der Mäusebussard als größter noch vorhandener Raubvogel der Region vertreten ist.

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